Familienurlaub - Portrait Familie Sösemann

Von Berlin nach Pohnstorf 

Fabian (41) und Kamila Sösemann(40) mit Emil (11) und Olivia (8)

  • Wohnort Pohnstorf: liberales Dorf, 40 Einwohner, 10 Kinder. Ortsmitte bildet ein schmuckes Gutshaus mit Ferienwohnungen.
  • Distanz Berlin und Hamburg: 200 km
  • Distanz nächster Bahnhof: Teterow 10 km
  • Wohnen seit Sommer 2018 in einem Haus neben Gut Pohnstorf

Fabian arbeitet in der Rechtsabteilung bei GP JOULE, einem Unternehmen für erneuerbare Energien. Er ist deutschlandweit unterwegs und macht mehrere Tage Homeoffice.

Kamila kümmert sich um das Gutshaus, die Gäste und das Marketing. Davor hat sie 10 Jahre als Lobbyistin im politischen Berlin gearbeitet. Sie hat das Hauptstadtbüro für den Verband der deutschen Holzindustrie aufgebaut und geleitet. 


Kamila: Wir sind mehrmals im Jahr als Familie nach Rensow ins Gutshaus gefahren. Dort trafen wir die Vorbesitzerin von Gut Pohnstorf, die das Haus verkaufen wollte. Als wir zufällig beim Reiten am Gutshaus vorbeikamen, dachten wir `Ach, lass uns das doch mal anschauen`. Das hat uns getroffen. Als wir auf dem Weg zurück nach Berlin waren, fingen wir an zu träumen, was man mit diesem Haus machen könnte. Die Überlegungen wurden in den folgenden Tagen konkreter. Wir haben uns angeschaut und gesagt, lass uns das machen. Das ist spannend. Seit April 2018 gehört uns das Haus.

Fabian: Wir haben gesagt, dass wir auch scheitern dürfen und dann eben wieder zurückkommen. Wir wollten uns nicht mit 70 fragen, was eigentlich passiert wäre, wenn wir damals aufs Land gezogen wären?

Kamila: Nein, wir lebten gerne in Berlin und waren aus Überzeugung in einer Mietwohnung. Wir wollten flexibel bleiben, um mal in eine andere Wohnung oder Stadt zu ziehen. Wir sind nicht weggelaufen. Allerdings wollte ich gerade den Job wechseln und war deswegen offen für etwas Neues. Ich konnte viele Häkchen setzen: guter Job, Kids gedeihen, die Ehe läuft gut, die Wohnung ist schön, wir haben Freunde und Netzwerke, aber trotzdem war irgendetwas. Ich habe mich gefragt, wie will ich leben und arbeiten? Vielleicht musste ich die vielen kleinen Häkchen erfüllen, um zu wissen, worum es wirklich geht. Ist es wichtig, was auf der Visitenkarte steht? Nein. Deswegen hat mich das Haus so angesprochen, es war emotional und eine Herzensentscheidung. Rational hätte jeder gesagt, bist du verrückt? Es müssen natürlich beide eine gemeinsame Vision haben.

Kamila: Als erstes haben wir die Türen geöffnet und das Dorf eingeladen. Meine Mama hat gebacken. Einer spielte Klavier. Das war richtig schön. Die Vorbesitzerin hielt die Flügeltüren verschlossen, da sie den Boden schützen wollte. Ich dachte, gut, aber es ist ein Boden.  Hier sind zwar schöne Mauern und ich habe das Glück, dieses Haus zu besitzen, aber ich möchte es mit Leben füllen und die lokale Wertschöpfung steigern. Sophie hat im Nebengebäude ein kleines Café. Ein Künstler hängt im gesamten Haus seine Bilder auf. Es finden speziell für das Dorf Frauentreffen, Adventsbasteln, Flohmärkte statt.

Kamila: Wir kommen mit vielen interessanten Menschen in Kontakt. Am Wochenende sind es viele Familien und private Gäste. Manchmal spielen alle Kinder zusammen und sind über Stunden nicht zu sehen, weil sie im Unterholz unterwegs sind, bei den Alpakas im Dorf, an der Kieskuhle oder im Wald. Unter der Woche reisen zunehmend Firmen an, die etwas Neues suchen und hier Teamevents veranstalten. Kreative, die mal einen anderen Platz zum Arbeiten suchen. Daraus ergeben sich Verbindungen. Ich lerne z.B. viele Fotografen kennen und kann mir ausdenken, was wir zusammen machen können. Oder sie kommen auf mich zu. Natürlich ist es auch viel Arbeit hier. 

Fabian: Wir haben selbst ein E-Auto und vier Ladepunkte, die auf 10 weitere ausgebaut werden können. Außerdem haben wir einen E-Bike Verleih. Wir sprechen gerne Leute an, die sich mit dem Fahrrad fortbewegen oder mit dem Zug anreisen. Mit einem E-Bike ist die Reichweite höher und manchmal geht es hier auch ganz schön auf und ab. 

Kamila: Nachhaltigkeit ist uns auch beim Essen wichtig. Zum Beispiel gibt es eine regionale Vermarktungsinitiative die „MeckSchweizer“. Sie liefert einen Produktekorb. Das möchte ich auch für meine Gäste etablieren. Letzen Sommer hatten wir Gemüsekisten aus dem Nachbardorf. In Pohnstorf stellt jemand Liköre her, meine Mitarbeiterin kocht Marmelade. Eier bekommen wir vom Nachbarn und Obst aus dem Garten. Außerdem haben wir Solarthermie auf dem Dach.

Fabian: Dass man viel mehr draußen ist. Außerdem empfinde ich die Menschen als eine Bereicherung. In Berlin war mein Umfeld sehr homogen, das ist hier anders und verlangt mehr Toleranz. Die war früher nicht so gefragt, weil die Menschen in meiner Bubble meine Meinung teilten. Zum Beispiel sagt mir ein Angestellter hier: „CO2-Ausstoß, E-Auto und ökologischer Fußabdruck, das ist doch alles Quatsch, lebt doch einfach mal ein bisschen anders.“ Er fährt zwar einen alten Diesel, hat aber sein eigenes Schwein und sein eigenes Huhn. Sein CO2-Fußabdruck ist um einiges kleiner als meiner, obwohl ich versuche, nachhaltig zu leben, aber dann doch ab und zu fliege. Er sagt, „ihr habt doch alle ne Meise“ und hat völlig recht. In Berlin würden wir uns nie begegnen. Selbst wenn wir im selben Haus leben würden.

Kamila: Wenn ich morgens joggen gehe und in den Wald atme, sage ich: schön und danke. Denn selbstverständlich ist das nicht.

Fabian: Ich bin in Berlin aufgewachsen und meine Freundschaften reichen 30 Jahre zurück. Natürlich vermisse ich es, sie spontan zu treffen. Dafür besuchen wir uns regelmäßig.

Kamila: Ich stelle fest, dass man sehr wenig braucht. In Berlin hat man sich an diesen ganzen Klamotten und schicken Schuhen erfreut. Das ist mir hier nicht wichtig. Klar haben wir dieses Haus, aber das sehe ich eher als einen Raum für Begegnungen. Ich wollte immer einen großen Tisch für viele Menschen haben. Darum geht es letztendlich.

Fabian: Wenn hier etwas los ist, gehe ich hin. Unterm Strich machen wir mehr als in Berlin, obwohl das Angebot so viel schmaler ist, aber wir nehmen alles mit. Und das Niveau ist gut. Hier sind schon eine Menge kreative Menschen, die etwas bewegen und das merkt man auch.

Fabian: Eine Fahrt nach Salem mit dem Rad über die Berge, durch den Wald mit schönen Ausblicken. Oder zum Tierpark Lelkendorf. Das ist eine schöne Route mit Kindern.

Kamila: Die Kultur in Kummerow ist sehr sehenswert oder direkt der Kuchen von Sophie nebenan.


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Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) in der Förderperiode 2014-2020 durch die Europäische Union.
ESF-gefördertes Projekt: Familien-, Kinder- und Jugendtourismus in der Mecklenburgischen Seenplatte mit Schwerpunkt auf Ländliche Gestaltungsräume